Die Suche nach dem Nachfolger des Tracking-Cookies gestaltet sich schwierig. Der Ansatz „Federal Learning of Cohorts“ kurz FLoC von Google stößt bei Browserherstellern und Webseiten auf wenig Gegenliebe. Auch auf der Chromium-Engine basierende Browser, wie beispielsweise Vivaldi, wollen FLoC nicht erlauben. Zwar hat Google durch den hauseigenen Chrome Browser mit beinahe 70% Marktanteil (Quelle Statista April 2021) eine gute Nutzerbasis, allerdings könnte diese auch bröckeln, wenn andere Browser mehr Datenschutz bei gleichem Komfort bieten.
Die Dokumentation zu FLoC läßt viele Fragen offen. FLoC soll die Browserhistorie (also die besuchten Seiten) dazu nutzen, um den Nutzer in eine sogenannte Kohorte einzuordnen. Nutzer mit ähnlichem Browsingverlauf landen also in der selben Kohorte. Diese wird durch eine ID gekennzeichnet. Beim Besuch einer Webseite, die Werbung anzeigt, kann diese ID ausgelesen werden um zielgerichtete Anzeigen auszuspielen.
Diese Kohorten sollen mehrere tausend Nutzer umfassen, so dass es nicht möglich ist, einen einzelnen Nutzer zu identifizieren.
Die Zuordnung des Nutzers zu einer Kohorte übernimmt der Browser. Dazu bekommt der Browser ein Kohortenmodell, durch das dann durch Algorithmen aus dem Browserverlauf die Kohortenkennung errechnet wird. Die Berechnung soll nur im Browser des Nutzers stattfinden, der Verlauf wird nicht übertragen. Durch den Besuch anderer Webseiten kann sich die Zuordnung zu einer Kohorte natürlich ändern.
Wo ist das Problem?
Bisher konnten Tracking-Technologien Nutzer nur dort verfolgen, wo Werbemittel oder Trackingpixel eingebunden waren – und auch nur dann, wenn diese Technologie über die eigene Plattform lief. Mit FLoC wird der gesamte Browserverlauf analysiert – auch Webseiten, die keine Trackingtechniken verwenden, sind nun über FLoC Teil der Kohortenberechnung.
Zwar können Webseiten über einen speziellen Header die Erfassung für FLoC blockieren, das erfordert aber aktives Handeln und ein paar technische Kenntnisse (WordPress könnte diesen Header allerdings bald standardmäßig senden).
Die Profile mit FLoC könnten also deutlich präziser sein, also die bisherige Cookie-Lösung – einfach weil die gesamte Browser-History in das Profil einfließt.
Natürlich kann, außer dem Browserhersteller, auch niemand sagen, wie groß so eine Kohorte ist oder wie sie berechnet wird. Für eine Browserhersteller, der gleichzeitig sein Geld mit Werbung und Targeting verdient, dürfte eine kleinere Kohortengröße von Vorteil sein.
Zur Kontrollierbarkeit durch den Nutzer finden sich auch wenig bis keine Informationen. Kann ich aktiv beeinflussen, welche Seiten für meine Kohorten in Betracht gezogen werden? Kann ich sehen, welche Seiten für die Berechnung ausschlaggebend sind? Gibt es die Möglichkeit, meine Kohorte zurückzusetzen?
Datenschutz und Werbung?
Prinzipiell durchaus vereinbar – im Web hat die Werbeindustrie aber in den letzten Jahren alle Möglichkeiten genutzt, die die Technik bietet.
Wer eine Plakatkampagne schaltet weiß, wo sein Plakat steht und wieviele Menschen es täglich sehen (ungefähr) – er weiß aber nicht wieviele davon nach seinem Geschäft suchen, wieviele sich Produkte ansehen, den Newsletter abonnieren oder wirklich eine Bestellung abschließen.
Im OnlineMarketing sind diese Kennzahlen verfügbar und werden ausgiebig genutzt um Kampagnen zu optimieren und dem Kunden Reports zu erstellen. Die Kunden sind es also gewöhnt, umfassend über die Wirksamkeit Ihrer Werbemaßnahmen informiert zu sein. Die Angst der Industrie ist, dass durch schlechtere Messbarkeit auch die Werbeausgaben sinken werden.
Auch im Bereich Targeting und insbesondere Retargeting spielt die Wiedererkennung des Nutzers eine erhebliche Rolle. Diese Bereiche könnten mit FLoC zumindestens ansatzweise weiterlaufen, je nachdem wie präzise die Kohorten gebildet werden. Je feingliedriger die Kohorte, desto schlechter aber auch der Datenschutz.
Das effektive Online-Werbung auch ohne User-Targeting möglich ist, zeigen Search-Marketing oder auch Content-Marketing. Zielgerichtete Werbung auf den Suchbegriff oder das Umfeld, in dem die Werbung angezeigt wird. Dazu braucht es keine Nutzerdaten, Kohorten oder Cookies.
Für die Messung der Leistung einer Kampagne gibt es genug Lösungen, die der Werbekunde direkt und datenschutzkonform auf seiner Seite oder seinem Shop einbinden kann. Hierbei unterstütze ich Sie gerne!